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Neue deutsche „Nationale Hafenstrategie“: Klar zum Ausbau?

29.05.2024

Die deutschen Häfen sind volkswirtschaftlich wichtige Drehkreuze. Sie sollen resilienter, digitaler und wettbewerbsfähiger werden und sind zudem zentral für das Gelingen der Energiewende. Daher hat die Bundesregierung im März eine neue nationale Hafenstrategie mit rund 140 Maßnahmen beschlossen. Aber eine wichtige Frage bleibt bisher offen: die Finanzierung.

„Klar zum Auslaufen“ heißt es tagtäglich auf vielen Schiffen auf Nord- und Ostsee. Doch unklar bleibt einiges rund um die neue deutsche Hafenstrategie, die die deutsche Bundesregierung unter Mitwirkung der wichtigen Branchenverbände über viele Monate erarbeitet hat. Zwar stellt die Strategie die wirtschaftliche und strategische Bedeutung der deutschen Häfen heraus. Sie formuliert 139 Maßnahmen, doch viele dieser Maßnahmen erfordern zusätzliche Mittel. Dass die Regierung die Strategie definiert, ohne die Finanzierung zu klären, kritisieren die Verbände.

Strategisches Kernziel: Häfen als Energy Hubs

Fünf übergeordnete Ziele definiert die neue deutsche Hafenstrategie. Dazu zählt, die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte gegenüber dem europäischen Wettbewerb zu stärken. Die Marktanteile deutscher Seehäfen gingen in den letzten Jahren zurück, z.B. beim Containerumschlag, aber auch im Bereich Stückgut. Weitere große Ziele: die digitale Transformation, zukunftsfähige Beschäftigung sowie der Erhalt, Ausbau und Schutz der Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur. Das zentrale Ziel für die grüne Transformation der deutschen Wirtschaft lautet jedoch: die Entwicklung der Häfen zu Drehkreuzen für die Energiewende. Besonders dieses Ziel erfordert erhebliche Investitionen, u.a. in belastbare Kaimauern für das Verschiffen tonnenschwerer Komponenten von Windrädern oder in neue Infrastruktur für Anlandung und Weitertransport von Wasserstoff.

Häfen sollen Windkraftausbau und Wasserstoffimport ermöglichen

Um 2045 klimaneutral zu sein, rechnet Deutschland mit 30 % Bruttostromerzeugung aus Offshore-Windanlagen. Die schrittweisen Ausbauziele erfordern bis 2030 einen Zubau von 22 GW Leistung. Die aktuell verfügbaren Hafenflächen und Kaimauern, die Schwerlasten wie Windkraft-Komponenten tragen können, reichen in den Seehäfen nicht aus. „Für die deutschen Häfen bedeutet die Energiewende einen massiven und vielschichtigen Transformationsprozess“, so heißt es in der Strategie. Das gilt auch für das Thema Wasserstoff. Deutschland wird 50-70 % seines Bedarfs an grünem Wasserstoff im Jahr 2030 importieren müssen. Auf die Häfen kommen also auch Anpassungen ihrer Infrastruktur für die Bedarfe der beginnenden Wasserstoffwirtschaft zu.

Branchenverbände bemängeln fehlende Finanzzusagen

Die Branchenverbände kritisieren, dass die Strategie die Finanzierungsfrage aufschiebt. Der Bund zahlt den Häfen bisher einen Lastenausgleich von jährlich 38 Mio. Euro. Dies reiche bei weitem nicht aus, so Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). Hosseus sprach zu diesem Thema auch als Gast unseres Verkehrsausschusses, der Anfang Mai in Helsinki tagte. Die Branchenverbände wie der ZDS rechnen damit, dass die nötigen Investitionen in die Häfen jedes Jahr mehr als das Zehnfache kosten werden, also rund 400 Mio. Euro. Ohne Ausbau der Häfen werden die Ziele verfehlt, das müsse allen klar sein.

Drehkreuze der größten Volkswirtschaft Europas

Deutschland gehört zu den drei größten Wirtschaftsmächten der Welt. Im Vergleich zu den USA und China „hängt der Erfolg deutscher Unternehmen jedoch maßgeblich vom Import von Rohstoffen und Vorprodukten sowie vom Export von Gütern ab“, konstatiert die Hafenstrategie auf ihren ersten Seiten. Die deutschen Häfen versorgen auch weitere Länder in Europa und ermöglichen rund 60 % des deutschen Außenhandels. Hinzu kommt ihre Bedeutung für den Tourismus und die strategisch-militärische Logistik. Die Binnenhäfen versorgen zudem wichtige Branchen und Unternehmen im Binnenland, z.B. aus der Stahl- und Chemieindustrie.

Finanzierungsfragen soll ein Ausschuss klären

Die Zeit drängt, die ersten Zwischenziele der Energiewende stehen bereits 2030 an. Die nötigen Investitionen legen die Grundlage zur Erreichung der Ziele, also gilt es, die Finanzierung so schnell wie möglich zu klären. Die Branchenverbände hoffen auf den Bundeshaushalt 2025, der Anfang Juli beschlossen wird. Die Hafenstrategie möchte einen Arbeitskreis zwischen Bund und Ländern die Finanzierung klären lassen.

Deutsche Häfen in Zahlen:

  • Rund 60 % des deutschen Außenhandels wickeln deutsche Seehäfen ab.
  • 20 Seehäfen hat Deutschland an Nord- und Ostsee.
  • Rund 100 Binnenhäfen versorgen Bevölkerung und Industrie mit Waren.
  • 1,35 Mio. Beschäftigte arbeiten deutschlandweit in der hafenbezogenen Wirtschaft. Insgesamt sichert die Hafenwirtschaft direkt und indirekt rund 5,6 Mio. Arbeitsplätze.
  • 38 Mio. Euro zahlen Bund und Länder den deutschen Häfen derzeit jährlich.
  • Mindestens 400 Mio. Euro brauchen die deutschen Häfen jedes Jahr, um ihre Rollen als Drehkreuze der Energiewende zu erfüllen, so schätzen Experten.

Mehr Informationen:

Friedrich von der Hagen

+358 50 320 9850

friedrich.vonderhagen(at)dfhk.fi