Länderinformationen: Finnland
Finnland ist bekannt für seine Natur, seine Seen und endlosen Wälder. Finnland ist auch eines der digitalsten Länder der Welt, Innovationsführer in Cleantech und hat ein äußerst lebendiges Startup-Ökosystem.
Flächenmäßig mit Deutschland vergleichbar, hat Finnland mit 5,6 Mio. Einwohnern nur einen Bruchteil der Bevölkerung der Bundesrepublik. Bevölkerung und Wirtschaftsleben konzentrieren sich stark auf prosperierende Ballungsräume im Süden des Landes. Weite Teile Finnlands sind nur dünn besiedelt.
Fakten
Fläche | 338.145 km² |
Einwohner (2023) | 5,6 Millionen |
Bevölkerungsdichte (2023) | 17 Einwohner/ km² |
Landessprachen (2023) | Finnisch 85,9%, Schwedisch 5,2% |
Geschäftssprache(n) | Finnisch, Schwedisch, (Englisch) |
Währung | Euro |
Bruttoinlandsprodukt (BIP, nom.) in Mrd. Euro | 2022: 268,7 2023: 280,9* 2024: 289,2* *Prognose |
BIP/Kopf (nominal) in Euro | 2022: 48.421 2023: 50.084* 2024: 51.337* *Prognose |
BIP-Entstehung (%) 2022 | Verarbeitendes Gewerbe 21,2 Öffentliche Verwaltung 19,0 Handel, Logistik, Gastronomie, Gastgewerbe 13,9 Immobilien 12,8 Bau 7,1 Information und Kommunikation 6,5 Land-und Forstwirtschaft 2,7 Sonstige 16,8 |
Wichtigste Außenhandelspartner (2022) | Export: Deutschland 11,6% Schweden 10,8% USA 9,5% Import: Schweden 16,9% Deutschland 14,5% Niederlande 8,7% |
Ausfuhrgüter nach CPA in % (2022) | Produkte der Maschinenbauindustrie und Metallerzeugnisse: 33,2 Produkte der chemischen Industrie: 20,6 Holz- und Papiererzeugnisse: 17,9 Elektrische Maschinen, Apparate und Geräte: 10,7 Andere: 17,6 |
Einfuhrgüter nach CPA in % (2022) | Produkte der Maschinenbauindustrie und Metallerzeugnisse: 26,6 Holz- und Papiererzeugnisse: 2,1 Andere Güter 23,0 |
Quellen: | Finnisches Statistikamt, Germany Trade & Invest |
Wirtschaftsstruktur
Moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft
Die finnische Wirtschaft hat seit den fünfziger Jahren einen tiefgreifenden Strukturwandel durchgemacht. Von einer Agrarnation, vor allem mit Forstwirtschaft, hat sich Finnland in wenigen Jahrzehnten zu einer modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft gewandelt. Der Dienstleistungssektor erwirtschaftet rund 60 % des finnischen Bruttosozialprodukts (BIP). Der finnische Industriesektor erbringt seit vielen Jahren zwischen 20 und 25 % des BIP.
Die finnische Exportquote, also das Verhältnis der Exporte von Waren und Dienstleistungen zum Bruttoinlandsprodukt, betrug im Jahr 2022 etwa 45,2 % (Deutschland: 50,9 %). Die Warenexporte machten 2022 rund 30 % des BIP aus. Knapp 90 % der Warenexport werden durch die Industrie erwirtschaftet.
Wichtige Industriezweige und Exportprodukte
Wichtigster Industriezweig ist die Metall- und Elektroindustrie. Sie erwirtschaftet regelmäßig rund 45 % der Erlöse der Industrieproduktion und ist für rund 44 % der Ausfuhren verantwortlich. Für die finnische Exportwirtschaft spielt zudem mit 20 % die chemische Industrie eine große Rolle. Die Forstindustrie, aus der vor allem Holz, Papp- und Papierprodukte hervorgehen, erwirtschaftete 2022 rund 17,9 % der finnischen Exporterlöse.
Aktuelle Wirtschaftsentwicklung
Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Digitalisierung und Nachhaltigkeit spielen in Finnland eine gleichermaßen große Rolle. In dieser Kombination sind finnischen Unternehmen sehr interessante Kooperationspartner für deutsche Unternehmen, nach dem Motto – Finnland hat, was Deutschland braucht. Digitale Geschäftsmodelle sind das, was deutschen Unternehmen häufig noch fehlt. In Finnland dagegen ist die Datenökonomie bereits Realität – auch dank hoher Netzabdeckung mit schnellem Internet.
Finnland ist seit mehreren Jahren eines der digitalsten Länder der EU sowie weltweit und belegt regelmäßig Spitzenplätze in entsprechenden Rankings. Nach wie vor gilt Finnland als digitaler Vorreiter mit starker Expertise, u.a. auch bei den Themen Künstliche Intelligenz und Quanten-Computing.
Der Anteil an IT- Experten auf dem Arbeitsmarkt 2022 betrug in Finnland 7,6 % (Rang 2 im EU-Vergleich von 2022). Zudem ist Finnland führend im Bereich Innovationen: In der EU belegt Finnland laut European Innovation Scoreboard 2023 Rang 3.
Auch beim Thema Nachhaltigkeit ist Finnland erstklassig und stand 2023 zum wiederholten Male auf Rang 1 im UN- Report für Nachhaltige Entwicklung. Eine saubere Energieversorgung sowie der Übergang zur Elektromobilität stehen im Moment im Zentrum der Bemühungen. Zudem arbeitet Finnland daran, ein bedeutender Player in der EU beim Thema klimaneutraler Wasserstoff zu werden.
Batterieindustrie- und recycling
Durch den Trend zur Elektromobilität kommt Finnland eine Schlüsselrolle zu, denn Finnland besitzt sowohl große Vorkommen an Batteriemineralen als auch bedeutende Bergbau- und Verarbeitungsbetriebe. Nach Einschätzung von Experten ist es weltweit eines der wenigen Länder, das die gesamte Batterie-Wertschöpfungskette abbildet, von der Gewinnung der Mineralien, ihrer Umwandlung in Chemikalien, über Batterietechnologien und -dienstleistungen bis hin zum Recycling. Das Land hat die größte Nickelmine in der EU und ist der einzige EU-Staat mit Kobaltminenproduktion. Die Lithiumproduktion soll in naher Zukunft beginnen. Zudem wird Kupfer produziert, und es gibt u.a. Graphitvorkommen.
Windkraft und grüner Wasserstoff
Eines der bedeutendsten Themen ist aktuell die Versorgung mit sauberer Energie. Finnland bietet ein besonders günstiges Umfeld für die Entwicklung von Windenergie – und das mit starken Wachstumsaussichten. Diese Fülle an sauberer Energie könnte Finnland zu einem wichtigen Akteur der kommenden Wasserstoffwirtschaft machen. Nach Berechnungen von Branchenexperten könnte Finnland bis 2030 rund 10 % des europäischen Bedarfs an CO2-freiem Wasserstoff decken. Mehrere Pipelines zum Transport flüssigen Wasserstoffs nach Mitteleuropa via Deutschland sind bereits in Planung.
Deutsch-finnischer Handel
Deutschland bleibt seit 2014 Finnlands wichtigstes Exportland. Im Jahr 2022 wuchsen Finnlands Exporte nach Deutschland um 4,5 % auf rund 9,56 Mrd. Euro. Damit hat der Wert der finnischen Exporte nach Deutschland das Vorpandemieniveau erreicht. Der Gesamthandel Finnlands (Exporte und Importe) mit Deutschland betrug im vergangenen Jahr 22,91 Mrd. Euro, was eine Steigerung von rund 7,3 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet.
In der Importstatistik liegt Deutschland nach Schweden auf dem zweiten Platz – nimmt man jedoch die finnischen Stromimporte aus der Statistik heraus, da dieser Sonderfaktor krisenbedingt im Wert stark gestiegen ist, steht Deutschland vor Schweden an erster Stelle. Die Importe aus Deutschland nach Finnland stiegen um 9,0 % auf 13,35 Mrd. Euro, sie liegen damit um 16,1 % über dem Vorpandemieniveau (2019: 11,5 Mrd. Euro).
Entwicklung einzelner Branchen
Betrachtet man den Wert der Exporte in Euro nach Deutschland, so wurden vor allem Kraftfahrzeuge aus Finnland (1,9 Mrd. Euro) exportiert, obwohl die Exporte um fast ein Viertel zurückgingen (-26 %). Hinter dieser Entwicklung stehen insbesondere Produktionsumstellungen im Werk Valmet Automotive. Der Einfluss der energiepreisbedingten Inflation auf den Wert der Exporte zeigt sich z.B. in den Exportzahlen von Eisen und Stahl sowie weiteren Metallen: Mengenmäßig blieben die Exporte nahezu gleich, ihr Wert stieg jedoch deutlich (knapp 1,9 Mrd. Euro, +21 %). Der Wert der Papier- und Kartonexporte stieg um 4 % auf 1,1 Mrd. Euro. Der Anteil der Exporte von elektrischen Maschinen und Ausrüstungen (820 Mio. Euro, +42 %) und Spezialmaschinen (345 Mio. Euro, +17 %) stieg schnell und stützte Finnlands Außenhandel mit Deutschland.
Den größten Wert der Importe in Euro aus Deutschland nach Finnland hatten die Warengruppen Kraftfahrzeuge (2,4 Mrd. Euro, -3 %), elektrische Maschinen und Anlagen (1,2 Mrd. Euro, +5 %) sowie allgemeine Industriemaschinen und -anlagen (1,0 Mrd. Euro, +15 %).
Auswirkungen des Krieges auf den finnischen Außenhandel
Aufgrund der Sanktionen gegen Russland wegen des Krieges in der Ukraine ging der finnische Handel mit Russland ab Anfang März 2022 rapide zurück. Insbesondere die wegfallenden Importe aus Russland konnten die Finnen schnell aus anderen Ländern kompensieren. Russlands Anteil am gesamten finnischen Warenimport sank von 15,8 % im Januar auf 2,6 % im Dezember 2022.
Landschaft und Bevölkerung
Finnland ist das seenreichste Land der Erde. Die Seenplatte im Südosten hat Finnland den Ruf als „Land der tausend Seen" eingebracht. In Wirklichkeit sind es sogar mehr als 180.000 Binnengewässer und ungefähr ebenso viele Inseln. Zudem sind 73,4 % der Landesfläche bewaldet, damit hat Finnland den höchsten Waldanteil in der EU.
Finnland ist relativ dünn besiedelt. Auf einer Fläche, die fast so groß wie Deutschland ist, leben nur 5,6 Millionen Menschen, davon allein etwa zwei Drittel im Dreieck der drei größten Städte Helsinki-Tampere-Turku im Südwesten des Landes.
Finnlands Ostseeküste ist rund 1100 km lang. Im Norden grenzt Finnland auf rund 727 Kilometern an Norwegen sowie im Nordwesten an Schweden (586 km). Von allen westeuropäischen Ländern hat Finnland die längste Grenze zu Russland (1340 km).
Kulturunterschiede
Deutsche und Finnen sind sich in ihrer Mentalität ähnlich – doch es bestehen kulturelle Unterschiede, die zu großen Missverständnissen in der geschäftlichen Zusammenarbeit führen können. Wir möchten, dass Ihre internationale Mitarbeiterentsendungen, Ihre Geschäftsreise oder auch die Integration finnischer Mitarbeiter in Ihr Unternehmen positiv verlaufen. Daher beschreiben wir im Folgenden einige ausgewählte Kulturunterschiede.
Die finnische Geschäftskultur und allgemeine Verhaltensregeln unterscheiden sich zum Teil erheblich von deutschen Verhaltensmustern im Geschäftsleben. Dies betrifft z.B. die Art der Kommunikation, den Ablauf von Entscheidungsprozessen, die Hierarchien in Unternehmen, den Managementstil oder auch die Regelung der Arbeitszeiten.
Händeschütteln
Das Händeschütteln ist auch in Finnland bei der Begrüßung durchaus die Regel, beim Verabschieden wird jedoch häufig darauf verzichtet.
Anrede
Es ist in Finnland nicht üblich, bei der Begrüßung den Namen des Gesprächspartners zu nennen. Ein einfaches „Guten Tag“ ist genau so freundlich gemeint wie ein „Guten Tag, Frau Müller“.
In finnischen geschäftlichen E-Mails oder Briefen steht anstatt der in Deutschland gebräuchlichen Anredeformeln wie z.B. „Sehr geehrte Damen und Herren“ ein einfaches „Hei“. Dies ist die förmliche und höfliche Anrede in Finnland.
„Du“ statt „Sie“
Auch im Finnischen gibt es eine Entsprechung zum deutschen „Siezen“. Diese wird jedoch sehr selten im persönlichen Umgang genutzt, auch nicht im Geschäftsleben. In Finnland spricht man sich, unabhängig von Bekanntschaftsgrad oder Hierarchie, mit Vornamen und „Du“ an. Dieses „Du“ bedeutet daher nicht unbedingt den Beginn einer persönlichen Freundschaft – es ist die aus finnischer Sicht normale Anrede, auch im Geschäftsleben.
Ausreden lassen
Bei Geschäftsverhandlungen und Gesprächen gilt es in Finnland als unhöflich, den Redner zu unterbrechen. Anstatt eines lebhaften Dialogs kommt es daher häufiger zu einer Abfolge von Monologen, in denen erst nach einer längeren Pause auf die Argumente des Vor- oder sogar Vorvorredners eingegangen wird.
Englisch als Lingua franca
Die Fremdsprachenkenntnisse der Finnen sind hervorragend. Neben der zweiten Landessprache Schwedisch beherrschen Finnen zumeist ausgezeichnet Englisch.
Höflichkeit
In der finnischen Sprache sind Höflichkeitsformen und -floskeln viel seltener zu finden als z.B. im Deutschen. Das finnische Wort für „bitte“ wird nur selten verwendet. Daher klingen Fragen und Bitten von Finnen auf Deutsch eher direkt, manchmal sogar unhöflich, ohne dass dies so gemeint ist. Dagegen hört man sehr oft „kiitos“, das finnische „danke“.
Pünktlichkeit
Finnen sind in der Regel sehr pünktlich, sowohl im Geschäftsleben als auch Privat. Man kommt lieber fünf Minuten zu früh, als dass man sich um eine Minute verspätet.
Mündliche Vereinbarungen
Auf das gesprochene Wort kann man sich bei finnischen Geschäftspartnern verlassen. Damit keine Missverständnisse entstehen, sollten mündliche Vereinbarungen jedoch unbedingt auch schriftlich festgehalten werden.
Sommerpause
Die Schulferien beginnen in Finnland bereits am ersten Juni-Wochenende und dauern bis ungefähr Mitte August. In dieser Zeit erreichen Sie Ansprechpartner in Finnland häufig nicht oder nicht zeitnah. Ihre finnischen Geschäftspartner brauchen den Sommer zum Auftanken. Zudem fällt in diese Zeit das Mittsommernachtsfest (am vorletzten Freitag und Samstag im Juni), das in Finnland etwa den gleichen Stellenwert hat wie Weihnachten. Danach ist es in der finnischen Wirtschaft so ruhig, dass auch das führende finnische Wirtschaftsmagazin „Talouselämä“ bis August eine Pause einlegt.
Wichtige Angelegenheiten sollten Sie vor der Sommerpause klären. Vereinbaren Sie wichtige Termine mit Ihren finnischen Partnern am besten mit oder zwei Wochen Puffer zu Mittsommer. Im Hauptferienmonat Juli sind in finnischen Firmen, Institutionen und Behörden nur wenige Entscheider anzutreffen.
Ab Mitte August läuft das Wirtschaftsleben dann wieder auf vollen Touren.
KULTURTRAINING DER AHK FINNLAND
Wir als AHK Finnland bieten Unternehmen verschiedene Fortbildungen, bei denen wir im Detail u.a. auf die deutsch-finnischen Stereotypen und Kulturunterschiede eingehen. Durch praktische Übungen und Fallstudien machen wir unsere Teilnehmer die Unterschiede in Kommunikationsverhalten sowie in der Verhandlungs- und Geschäftskultur aufmerksam – um Ihnen erfolgreiche Geschäftsbeziehungen nach Finnland zu ermöglichen.
Unsere Schulungen schneiden wir individuell auf die Bedürfnisse Ihres Unternehmens oder Ihrer Organisation zu.